Nachdem Onlinehändler mit der Umsetzung der ODR-Verordnung am 09.01.2016 verpflichtet worden sind, einen Link auf ihrer Webseite zu der OS-Plattform anzugeben sowie auf diese hinzuweisen, kommen zum 01.02.2017 schon wieder neue Informationspflichten aus dem Bereich der außergerichtlichen Streitbeilegung auf sie zu.
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) sieht vor, dass Onlinehändler, die Waren oder Dienstleistungen über ihre Webseite an Verbraucher („B2C“) vertreiben, auf die Bereitschaft oder Verpflichtung an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen sowie auf die zuständige Schlichtungsstelle hinweisen müssen. Falls sie nicht dazu bereit oder verpflichtet sind, müssen sie ebenfalls darauf hinweisen.
Welche neue Pflichten bis 01.02.2017 im Einzelnen umzusetzen sind und wie die Umsetzung zu erfolgen hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Können Händler verpflichtet werden, an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen?

Nein. Grundsätzlich steht es Händlern frei zu entscheiden, ob sie bereit sind, an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder nicht. Das VSBG sieht allerdings die Erfüllung von Informationspflichten vor, wenn sich ein Händler für oder gegen die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren entscheidet.

Welche Informationspflichten gibt es nach dem VSBG?

Das VSBG unterscheidet zwischen den allgemeinen Informationspflichten (§ 36 VSBG) und den Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit (§ 37 VSBG).

Was sehen die Allgemeinen Informationspflichten vor (§ 36 VSBG)?

Onlinehändler, die Verbrauchern über ihre Internetseiten oder Online-Plattformen Waren oder Dienstleistungen anbieten, müssen auf ihre Bereitschaft bzw. Pflicht zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren hinweisen.

Falls sie dazu bereit oder verpflichtet sind, muss die zuständige Streitbeilegungsstelle benannt werden (mit Anschrift und Webseite). Der Hinweis muss auch die Erklärung des Händlers enthalten, sich an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle beteiligen zu wollen.

Beteiligt sich ein Händler nicht, so muss er aus Transparenzgründen ebenfalls darauf hinweisen.

Wo müssen die Allgemeinen Informationspflichten aufgenommen werden?

Die Informationen müssen auf der Webseite des Händlers wie auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wieder gegeben werden. Es bietet sich an, die Informationen im Impressum aufzunehmen und in den AGB zu wiederholen.

Für Protected Shops Kunden werden wir rechtzeitig die Möglichkeit schaffen, die Informationen abmahnsicher in den relevanten Texten aufzunehmen. Hierüber informieren wir nochmal gesondert.

Gibt es Ausnahmen von dieser Verpflichtung?

Ja. Von den allgemeinen Informationspflichten gem. § 36 VSBG ausgenommen sind Unternehmer, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben. Onlinehändler sollten diesen Zustand also jährlich neu prüfen.

Was ist bei der Ausnahme zu beachten, um Abmahnungen zu vermeiden?

Onlinehändler mit weniger als zehn Mitarbeitern, die nicht verpflichtet sind an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, müssen zwar die allgemeinen Informationspflichten nicht erfüllen. Sie müssen jedoch

  • den Hinweis, der seit 09.01.2016 erforderlich ist, auf ihre Webseite aufnehmen, d.h. einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform im Impressum angeben
  • und die Informationsplichten nach Entstehen der Streitigkeit gem. § 37 VSBG erfüllen.

Was sehen die Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit vor (§ 37 VSBG)?

Nach Entstehen einer Streitigkeit, die nicht einvernehmlich beigelegt werden konnte, muss der Onlinehändler dem Verbraucher eine Streitbeilegungsstelle mit Anschrift und Webseite nennen und mitteilen, ob er bereit oder verpflichtet ist, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Ist der Shop-Betreiber nicht bereit an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, muss er darauf ebenfalls hinweisen, um dem Kunden die vergebliche Anrufung einer Schlichtungsstelle und damit Zeit und Mühe zu sparen.

Diese Pflichten nach § 37 VSBG gelten für alle Shop-Betreiber. Eine Ausnahme für Kleinunternehmen gibt es nicht.

Von den Allgemeinen Informationspflichten (§ 36 VSBG) unterscheidet sich die Informationspflicht nach § 37 VSBG in zeitlicher Hinsicht. Konkret bedeutet dies, dass die Informationspflicht erst dann ausgelöst wird, wenn ein Händler eine Streitigkeit mit seinem Kunden nicht einvernehmlich beilegen konnte.

Wo müssen die Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit aufgenommen werden?

Die Informationen müssen in Textform auf der Webseite leicht zugänglich, klar und verständlich erscheinen. Der Name und die genaue Anschrift der zuständigen Schlichtungsstelle muss in dem Hinweis enthalten sein.

Bitte beachten Sie, dass die Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit, von denen Sie stets betroffen sind, nicht durch unsere Rechtstexte abgedeckt werden können, sondern von Ihnen in der Kommunikation mit einem Verbraucher beachtet werden muss.

Wie kann die Information aussehen, wenn der Händler zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist?

Onlinehändler, die bereit oder verpflichtet sind, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen können den Hinweis beispielsweise wie folgt gestalten:

„Wir sind zur Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder gemäß XXX (Angabe der Rechtsnorm oder der vertraglichen Vereinbarung) verpflichtet. Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Zur Beilegung der genannten Streitigkeiten werden wir in einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle teilnehmen.“

Wie kann die Information aussehen, wenn der Händler nicht zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist?

Für Onlinehändler, die nicht bereit oder verpflichtet sind, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, kann die Formulierung wie folgt lauten:

„Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Wir erklären allerdings, zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren weder bereit noch verpflichtet zu sein.“

Welche Schlichtungsstelle ist zuständig?

Welche Schlichtungsstelle zuständig ist, ergibt sich aus der jeweiligen Streitigkeit. Mittlerweile gibt es in Deutschland zahlreiche Streitbeilegungsstellen. Für Streitigkeiten im Onlinehandel ist grundsätzlich die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V.  zuständig. Auf diese Schlichtungsstelle müssen Onlinehändler daher hinweisen.

Eine Liste der anerkannten Schlichtungsstellen finden Sie hier:

https://webgate.ec.europa.eu/odr/main/index.cfm?event=main.adr.show

Was kostet die Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren?

Das VSBG sieht vor, dass die Verbraucherschlichtungsstelle von Unternehmern, die sich an dem Streitbeilegungsverfahren beteiligen, ein angemessenes Entgelt verlangen kann.

Die Kosten bei der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. betragen:

•    50 Euro       bei Streitwerten bis einschließlich 100 Euro,
•    75 Euro       bei Streitwerten von 100,01 Euro bis einschließlich 200 Euro,
•    150 Euro     bei Streitwerten von 200,01 Euro bis einschließlich 500 Euro,
•    300 Euro     bei Streitwerten von 500,01 Euro bis einschließlich 2.000 Euro,
•    380 Euro     bei Streitwerten von 2000,01 Euro bis einschließlich 5.000 Euro,
•    600 Euro     bei Streitwerten von über 5.000 Euro.

Quelle: https://www.verbraucher-schlichter.de/schlichtungsverfahren/kostenordnung

Gilt die Pflicht auf die OS-Plattform zu verlinken weiterhin?

Ja. Onlinehändler müssen weiterhin gut sichtbar einen Link zur OS-Plattform auf ihrer Webseite zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt nach wie vor, unabhängig von den Informationspflichten nach dem VSBG.

Was passiert bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten?

Wenn die Informationspflichten nicht oder nicht vollständig erfüllt werden, haben Verbraucher die Möglichkeit, Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten geltend zu machen. Händlern drohen daher in erster Linie Schadensersatzansprüche von Verbrauchern.

Verstöße können aber auch von Verbänden oder von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden.

Ist die Entscheidung der Schlichtungsstelle bindend?

Entscheidungen der Verbraucherschlichtungsstellen sind rechtlich nicht bindend. Wenn der Onlinehändler den Schlichterspruch nicht akzeptiert, steht beiden Parteien der Rechtsweg weiterhin offen. Der Schlichterspruch der Verbraucherschlichtungsstelle dient dann als Einschätzung der Sachlage, anhand derer das Risiko eines Gerichtsverfahrens abgeschätzt werden kann.

Fazit

Online-Händler sollten sich zum Jahresbeginn mit der Frage beschäftigen, ob sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet sind, damit die Umsetzung der neuen Pflichten rechtzeitig bis zum 01.02.2017 vorbereitet werden kann.

 

Auf einen Blick: Welche Plichten müssen Online-Händler zum 01.02.2017 konkret umsetzen?

Allgemeine Informationspflichten (§ 36 VSBG):

  • Onlinehändler müssen ab 01.02.2017 auf ihre Bereitschaft oder Pflicht hinweisen, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen und die zuständige Streitbeilegungsstelle benennen (mit Anschrift und Webseite).
  • Bei fehlender Bereitschaft oder Verpflichtung an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, müssen Online-Händler ebenfalls darauf hinweisen.
  • Diese Pflicht entfällt, wenn das Unternehmen zum 31.12. des Vorjahres zehn oder weniger Mitarbeiter hatte.
  • Der Hinweis sollte im Impressum erfolgen und in den AGB wiederholt werden.

 

Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit (§ 37 VSBG):

  • Nach Entstehen der Streitigkeit müssen Online-Händler ab 01.02.2017 auf ihre Bereitschaft oder Verpflichtung hinweisen, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen.
  • Der Hinweis hat in Textform (per E-Mail oder Fax) zu erfolgen. Im Hinweis enthalten muss auch die zuständige Schlichtungsstelle (Name/Anschrift/Webseite) sein.
  • Ist der Händler nicht bereit, an dem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, muss er darauf ebenfalls hinweisen.
  • Händler, die zur Teilnahme an der alternativen Streitbeilegung verpflichtet sind, müssen auf ihre Verpflichtung hinweisen. Im Hinweis enthalten muss auch die zuständige Schlichtungsstelle (Name/Anschrift/Webseite) sein.
  • Der Hinweis sollte im Impressum der Webseite erfolgen und in den AGB wiederholt werden.