Ob Nährwertkennzeichnung, Online-Streitbeilegung oder die Rücknahmepflicht von Elektrogeräten beim Kauf eines neuen Produktes- das vergangene Jahr war aus rechtlicher Sicht höchst ereignisreich und hat Onlinehändlern einiges abverlangt.
Was im Jahr 2016 im E-Commerce rechtlich wichtig geworden ist und was auf Shop-Betreiber 2017 zukommt, haben wir im folgenden Beitrag für Sie zusammengefasst.

 

RÜCKBLICK 2016

Januar

Gleich zu Beginn des Jahres hat das Thema Streitschlichtung alle Onlinehändler beschäftigt. Die Europäische Kommission hat mit der ODR-Verordnung neue Informationspflichten für Onlineshop- Betreiber geschaffen. Seit dem 09.01.2016 sind Onlinehändler verpflichtet auf ihren Webseiten einen Link auf die von der Europäischen Kommission erstellte Plattform für Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) zur Verfügung zu stellen. Dieser sollte sich im Impressum oder in den AGB befinden. Zusätzlich müssen die Händler ihre E-Mail Adresse leicht zugänglich zur Verfügung stellen. Ein fehlender Hinweis war im vergangenen Jahr ein häufiger Abmahnungsgrund.

Februar

Spätestens seit dem 24.02.2016 ist der Datenschutz kein zu vernachlässigendes Thema mehr, denn seit diesem Tag ist das neue Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts in Kraft getreten. Webseitenbetreiber (für Blogs, Online-Communities, Online-Shops) ohne (vollständige) Datenschutzerklärung können seither abgemahnt werden.

Ebenfalls am 24.02.2016 in Kraft getreten ist das Textilkennzeichnungsgesetz. Es konkretisiert die Vorgaben der zugrundeliegenden Europäischen Textilverordnung. Wer Textilien online verkauft, muss unbedingt die Vorgaben beachten, um Abmahnungen oder sogar Vertriebsverbote und Warenbeschlagnahmungen zu vermeiden.

März

Bei Urheberrechtsverletzungen durch Produktfotos haften Marketplace-Händler bei Amazon für markenrechtswidrige Angebote, selbst wenn diese erst im Nachhinein von Dritten manipuliert werden. Dies entschied im März der BGH (Urteil vom 03.03.2016). Marketplace-Händler sollten ihre daher Angebote regelmäßig darauf zu überprüfen, dass die Angaben in der Produktbeschreibung stimmen, um keine Abmahnung zu erhalten.

Im Bereich des Datenschutzes hat im März ein Urteil des LG Düsseldorf (Urteil vom 09.03.2016) für eine Überraschung gesorgt, in dem es die Verwendung des „Gefällt mir-Button“ bei Facebook auf einer Webseite verboten hat. Der „Gefällt mir-Button“ überträgt unbemerkt Daten an Facebook, auch wenn der Webseitenbesucher nicht mal einen Facebook-Account besitzt. Die bloße Einbindung des Social-Plugins ohne die Einwilligung der betroffenen Seitenbesucher gefiel den Düsseldorfer Richtern gar nicht und wurde für rechtswidrig erklärt.

April

Jugendschutz war im E-Commerce ein großes Thema im vergangenen Jahr. Das lange von Jugendschützern erwartete Verkaufsverbot von E-Zigaretten und Shishas an Kinder und Jugendliche  ist zum 01. April in Kraft getreten. Onlinehändler sind seither verpflichtet eine Altersverifikation anhand der Personalausweisnummer bei der Bestellung und eine nochmalige Prüfung der Volljährigkeit bei der Lieferung der Ware vorzunehmen.

Mai

Für mehr Rechtsklarheit was den Verkauf von E-Zigaretten und Liquids angeht, hat auch das Tabakerzeugnisgesetz gesorgt, das seit 20. Mai 2016 in Kraft ist. Verboten ist seither der Verkauf von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen, wenn sie ein charakteristisches Aroma haben und  Aromastoffe oder technische Merkmale aufweisen, die den Geruch, Geschmack oder die Rauchintensität verändern. Ebenso verboten ist der Verkauf, wenn der Filter, das Papier oder die Kapseln Tabak oder Nikotin enthalten. Für Mentholzigaretten gilt das Verbot erst nach einer Übergangsfrist ab dem 20. Mai 2020.

Juli

Seit dem 24.07.2016 gilt die Rücknahmepflicht für Elektrogeräte im Online-Handel. Händler sind seither verpflichtet, Elektrokleingeräte mit einer Seitenlänge bis 25 cm bzw. Großgeräte bei einem Neukauf zurückzunehmen und entweder selbst, über den Hersteller oder öffentliche-rechtliche Entsorgungsträger  zu entsorgen.

Am 28.07.2016 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber entschieden, dass eine sog. Rechtswahlklausel in den AGB eines Onlinehändlers irreführend sein kann. Eine Rechtswahlklausel, die die ausschließliche Anwendbarkeit des Rechtsstaats des Händlerstaats festlegt, („Es gilt ausschließlich deutsches Recht“) ist nach Ansicht der Luxemburger Richter unwirksam.

September

Eine gesetzliche Neuerung des Buchpreisbindungsgesetzes wurde  am 01.09.2016 für Händler, die E-Books verkaufen, relevant. Danach gelten die gleichen Regelungen für E-Books wie auch für Bücher: Online-Händler müssen E-Books zu den festgesetzten Preisen vertreiben und Rabatte oder Preis-Aktionen für E-Books sind verboten.

Oktober

Eine Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist am 01.10.2016 in Kraft getreten. Online-Händler, die DVD, Bücher, Video, PC-Spiele mit jugendgefährdendem Inhalt in ihrem Sortiment haben, müssen dafür sorgen, dass diese in ihrem Shop nur in einem bestimmten Zeitfenster sichtbar sind oder der Zugriff nur über Zugangsbarrieren mittels Altersprüfung möglich ist. Händler, die einen Jugendschutzbeauftragten bestellt haben sind, sind nach dem neuen Vertrag verpflichtet, wesentliche Informationen über diesen, insbesondere Kontaktinformationen zur schnellen Kontaktaufnahme in das Impressum aufzunehmen.

Ebenfalls zum 01.10.2016 gab es eine Änderung im AGB-Recht. Online-Händler, die Dienstleistungen anbieten, können Kunden nicht mehr verpflichten Anzeigen oder Erklärungen in Schriftform abzugeben. Es genügt jetzt auch die sog. Textform. Konkret bedeutet das, dass Händler auch E-Mails und Faxe als Erklärung (z.B. einer Kündigung) akzeptieren müssen.

November

Wer nicht zumindest nachfragt, ob die Bildrechte vorliegen, nimmt eine Urheberechtsverletzung billigend in Kauf und haftet, wenn er einen Link auf eine Webseite mit urheberrechtswidrigen Inhalten setzt und in Gewinnerzielungsabsicht handelt. Dieser Beschluss zur Linkhaftung vom LG Hamburg vom 18.11.2016 wurde in der Netzwelt kontrovers diskutiert. Während einige darin eine erhebliche Einschränkung der Informations- und Kommunikationsfreiheit sehen, sehen andere darin die Einzelmeinung eines Gerichts. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob andere Gerichte zu abweichenden Entscheidungen kommen und ein solcher Fall vom BGH entschieden wird.

Dezember

Zum Jahresende mussten Onlinehändler, die Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel verkaufen, noch eine neue Pflicht umsetzen. Seit 13. Dezember 2016 müssen  vorverpackte Lebensmittel mit einer Nährwerttabelle versehen sein, die den Brennwert sowie den Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz aufführt (die sogenannten „Big 7“). Die Tabelle muss vor Abschluss des Kaufvertrages gut sichtbar, leserlich, deutlich und prägnant in die Artikelbeschreibung des Produktes auf der Webseite aufgenommen werden. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln ist die Nähwertdeklaration Pflicht. Für deren Kennzeichnung gilt allerdings die Nahrungsergänzungsmittelverordnung.

 

AUSBLICK 2017

Im neuen Jahr wird die außergerichtliche Streitbeilegung weiter etabliert. Dafür sorgt das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, das zwar schon am 01.04.2016 in Kraft getreten ist, aber neue Informationspflichten erst ab 01.02.2017 für Online-Händler vorsieht. Onlinehändler müssen ab 01.02.2017 auf die Bereitschaft oder Verpflichtung an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen sowie auf die zuständige Schlichtungsstelle hinweisen. Falls sie nicht dazu bereit oder verpflichtet sind, müssen sie ebenfalls darauf hinweisen.

Außer den neuen Informationspflichten zur alternativen Streitbeilegung gibt es jedoch kaum konkrete Pläne für gesetzliche Neuerungen, die 2017 auf Online-Händler zukommen werden. Seit langem diskutiert ist die Einführung eines Europäischen Kaufrechts. Konkrete Pläne gibt es hierzu allerdings noch nicht.

Im grenzüberschreitenden Handel wird der Brexit Auswirkungen für Online-Händler haben, die nach Großbritannien verkaufen oder Waren von dort beziehen. Für sie kommen zusätzliche Belastungen in Form von Zöllen und Steuern (z.B. der Einfuhrbesteuerung), da der Handel nicht mehr innerhalb des Binnenmarkts sondern mit einem Drittland stattfindet.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung sieht umfangreiche Pflichten für Online-Händler vor. Verbindlich wird die Verordnung jedoch erst ab dem 25.05.2018- die Händler haben also noch eine längere Übergangsfrist, um sich auf die Umsetzung der zahlreichen neuen Vorschriften vorzubereiten.

Weitere Gesetze, die sich im neuen Jahr auf den E-Commerce auswirken werden, befinden sich aktuell noch in der Planung- und Umsetzungsphase.

Wir informieren Sie auch 2017 über die rechtlichen und gesetzlichen Entwicklungen im E-Commerce und unterstützen Sie beim abmahnsicheren Handel.