Nur als „Kaufmann“ im Sinne des Gesetzes unterfallen Sie den handelsrechtlichen Regelungen.
Inhaltsübersicht
1) Ist-Kaufmann
2) Kann-Kaufmann
3) Form-Kaufmann
4) Fiktiv-Kaufmann
5) Schein-Kaufmann
III) Rechtsfolgen bei Vorliegen der Kaufmanns-Eigenschaft
1) Allgemeines
2) Die 4 Grundpflichten
3) Besondere Vertragsbestimmungen
IV) Beendigung/ Verlust der Kaufmanns-Eigenschaft
V) Fazit
I) Einleitung
Als „Kaufmann“ im handelsrechtlichen Sinne unterliegen Sie den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB). Dieses erlegt Ihnen besondere Pflichten auf, räumt aber ebenso Rechte ein, die sich von den allgemeinen Vorschriften des BGB teilweise grundlegend unterscheiden. Entscheidend für die Anwendbarkeit dieser Regelungen ist, dass es sich bei Ihnen um einen „Kaufmann“ im gesetzlichen Sinne handelt. Dieser Begriff ist deshalb für das Handelsrecht von zentraler Bedeutung und soll hier näher beleuchtet werden.
Das Gesetz selbst unterscheidet verschiedene Arten des Kaufmanns: den Ist-, Kann-, Form-, Fiktiv- und Schein-Kaufmann. Egal unter welchen der verschiedenen Kaufmannsbegriffe Sie als Online-Händler fallen, die Folgen sind (größtenteils) dieselben.
Gem. § 1 HGB ist Kaufmann jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt. Aus der Tätigkeit folgt die Kaufmanns-Eigenschaft, unabhängig von weiteren Voraussetzungen. Das Gesetz geht davon aus, dass jeder Gewerbetreibende Kaufmann im handelsrechtlichen Sinne ist. Diese Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn vom betroffenen Unternehmer das Gegenteil bewiesen wurde.
Das ist nur möglich, wenn der Unternehmer darlegen kann, dass er kein Handelsgewerbe betreibt. Ein Handelsgewerbe liegt aber immer vor, wenn der Geschäftsbetrieb nach Art (qualitativ) und Umfang (quantitativ) in kaufmännischer Weise eingerichtet ist. Maßstab der Beurteilung ist eine Gesamtbetrachtung des Geschäftsbetriebes.
Ausschlaggebende Kriterien können sein:
- Vielfalt der angebotenen Erzeugnisse und Leistungen
- Inanspruchnahme und Gewährung von Fremdfinanzierungen
- Internationale Tätigkeiten
- Umfangreiche Werbung
- Größere Lagerhaltung
- Umsatzvolumen
- Anlage- und Umlaufvermögen
- Zahl und Funktion der Beschäftigten
- Zahl und Organisation der Betriebsstätten, Auslandsfilialen
Zusammengefasst liegt ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb dann vor, wenn eine so große Zahl von Erzeugnisse oder Leistungen von einer Mehrzahl von Mitarbeitern (5 und mehr) in mehreren Filialen abgesetzt werden, dass eine größere Lagerhaltung erforderlich ist und in der Folge hohe Umsätze (bei einem Einzelhändler mehr als 250.000,- €) erzielt werden. Im Online-Handel kann es auf die Anzahl der Filialen allerdings nicht mehr ankommen. Dort können nur die übrigen Kriterien für die Beurteilung herangezogen werden.
Liegen die Voraussetzungen an den Betrieb eines Handelsgewerbes nicht vor, handelt es sich bei dem Unternehmer um einen Kleingewerbetreibenden. Dieser wird vom Gesetz zunächst nicht als Kaufmann im Sinne des § 1 HGB angesehen.
Diesen Kleingewerbetreibenden wird aber durch § 2 HGB die Möglichkeit eingeräumt, sich selbst in den Anwendungsbereich des HGB einzubeziehen. Denn das Gesetz gesteht ihnen ein Wahlrecht zu, durch Eintragung in das Handelsregister als handelsrechtliche Kaufleute eingestuft zu werden.
Lässt sich ein Kleingewerbetreibender also in das Handelsregister eintragen, wird er auf Grund dieser Eintragung zum Kaufmann im Sinne des Gesetzes. Die Eintragung hat dann konstitutiven (also rechtsbegründenden) Charakter. Das kann er frei entscheiden (daher auch der Name „Kann-Kaufmann“).
Kann-Kaufmann ist also jeder in das Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende. Unter den Begriff fallen daneben auch land- und forstwirtschaftliche Betreibe, wenn sie die weiteren Voraussetzungen erfüllen.
„Form-Kaufleute“ sind juristische Personen, die auf Grund ihrer Rechtsform (daher der Name) vom Gesetz als Kaufleute eingestuft werden. Unter diesen Begriff fallen bestimmte Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften. Letztere allerdings nur dann, wenn sie „Handelsgesellschaften“ sind, sie also ein Handelsgewerbe wie oben beschrieben betreiben.
Betroffene Kapitalgesellschaften sind: die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG), die eingetragene Genossenschaft (eG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die europäische Aktiengesellschaft (SE), die europäische Genossenschaft (SCE) sowie die europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung nach deutschem Recht (EWIV). Diese sind Kaufleute unabhängig von der Art ihres Geschäftsbetriebs. Für die Kaufmanns-Eigenschaft ist der Betreib eines Handelsgewerbes also nicht erforderlich, wohl aber die Eintragung im Handelsregister.
Dagegen sind Personengesellschaften in Form der offene Handelsgesellschaft (oHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) nur dann Kaufleute, wenn sie ein Handelsgewerbe betreiben. Die Eintragung ins Handelsregister hat dann lediglich deklaratorischen Charakter. Betreibt die Personengesellschaft kein Handelsgewerbe, lässt sie sich gleichwohl ins Handelsregister eintragen, ergibt sich die Kaufmanns-Eigenschaft aus der Eintragung. Diese ist dann konstitutiv.
Nicht unter den Begriff des Form-Kaufmanns fallen die stille Gesellschaft (sG) sofern sie keine Handelsgesellschaft ist, Kartelle (dabei handelt es sich auch um Interessenvereinigungen und nicht um juristische Personen oder einsprechende Zusammenschlüsse), Interessengemeinschaften, Konzerne (also Zusammenschlüsse von herrschenden und abhängiger Unternehmen), sofern es sich nicht um eine der oben genannten Handelsgesellschaft handelt.
Ebenfalls wie ein Kaufmann behandelt wird ein Unternehmer, der eigentlich kein Kaufmann ist, weil er kein Handelsgewerbe betreibt, trotzdem aber im Handelsregister eingetragen ist. Aus der Eintragung folgt wie beim „Kann-Kaufmann“ die Kaufmannseigenschaft.
Der Fiktiv-Kaufmann unterscheidet sich vom Kann-Kaufmann dahingehend, das das Gesetz die Kaufmann-Eigenschaft bei entsprechenden Unternehmen eigentlich nicht vorgesehen hat. Ein Wahlrecht, ob sie sich als Kaufleute behandeln lassen wollen oder nicht, steht ihnen grundsätzlich nicht zu. Aus Gründen der Rechtssicherheit seiner Vertragspartner wird der Unternehmer aber dennoch wie ein Kaufmann behandelt, wenn eine Eintragung erfolgt ist. Ihm stehen sämtliche Rechte zu, er unterliegt daneben aber auch den Pflichten.
Im Gegensatz zum Fiktiv-Kaufmann ist der Schein-Kaufmann gerade nicht im Handelsregister eingetragen. Er tritt dennoch wie ein Kaufmann auf, ohne die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Durch sein Handeln schafft oder erhält er den Eindruck, er sie Kaufmann im Sinne des Gesetzes. Zum Schutz seiner Vertragspartner, die irrtümlich vom Vorliegend er Kaufmanns-Eigenschaft ausgehen, soll der Unternehmer dann aber auch zumindest (und ausschließlich) zu seinen Lasten wie ein Kaufmann behandelt werden. Er hat dann die Nachteile, die aus der Eigenschaft folgen zu tragen, ohne dem gegenüber die Vorteile nutzen zu können. Denn diese gelten für ihn nicht. Wer einen Irrtum im Rechtsverkehr erzeugt und dadurch gutgläubige Dritte täuscht, soll dafür nicht auch noch belohnt werden.
Eine gesetzliche Regelung gibt es für den „Schein-Kaufmann“ nicht. Die Einordnung und die Rechtsfolgen ergeben sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH.
III) Rechtsfolgen bei Vorliegen der Kaufmanns-Eigenschaft
Fallen Sie als Online-Händler unter einen der genannten Begriffe des Kaufmanns, finden die Bestimmungen des HGB Anwendung. Das Handelsrecht stellt das Sonderprivatrecht der Kaufleute dar, das in einigen Punkten von den allgemeinen Regelungen des BGB (teils signifikant) abweicht. Hintergrund der Abweichung ist die Interessenlage im Handelsverkehr. Sie unterscheidet sich von der im Geschäftsverkehr zwischen Nicht-Kaufleuten. Diese haben gegebenenfalls keine Erfahrung im geschäftlichen Verkehr und bedürfen daher verschiedener Schutzvorschriften, die im Handelsverkehr nicht erforderlich sind. Die Beteiligten sind entsprechend geübt und erfahren und bedürfen keines Schutzes mehr.
Aus der Anwendung des Handelsrechts ergeben sich für die Kaufleute verschiedene Rechte und Pflichten.
Registerpflicht:
Zunächst ist jeder Kaufmann verpflichtet, sich in das Handelsregister einzutragen. Diese Pflicht gilt allerdings nur wenn die Kaufmanns-Eigenschaft bereits ohne Eintragung gegeben ist (so beim Ist-Kaufmann und der Handelsgesellschaft). Bei allen anderen oben Genannten handelt es sich entweder nicht um Kaufleute oder sie erlangen diese Eigenschaft erst mit der (konstitutiven) Eintragung.
Daneben müssen bestimmte Tatsachen zum Register angemeldet (z.B.: die Firma des Unternehmens, Ort und inländische Geschäftsanschrift der Hauptniederlassung, Vertretungsmacht der Vorstandsmitglieder bei juristischen Personen, Errichtung einer Zweigniederlassung) und bestimmte Schriftstücke eingereicht werden (z.B.: Satzung von juristischen Personen, Urkunde über die Bestellung des Vorstandes).
Firmenführungspflicht:
Jeder Kaufmann hat eine Firma zu führen. Im Gegensatz zum umgangssprachlichen Verständnis handelt es sich dabei nicht um das Geschäft selbst, sondern um den Namen des Geschäftsbetriebs (z.B.: „Protected Shops GmbH“). Bei der Gestaltung dieses Namens muss der Kaufmann bestimmte Anforderungen einhalten. Beispielsweise müssen die Firmen von Einzelkaufleuten den Zusatz „eingetragene Kauffrau“ (oder „eingetragener Kaufmann“) oder eine entsprechende Abkürzung („e.Kfr.“) enthalten.
Daneben ist auch nur ein Kaufmann berechtigt, eine Firma zu führen. Ein „Nicht-Kaufmann“ hat dieses Recht nicht.
Geschäftsbriefpublizität:
Der Kaufmann ist weiterhin verpflichtet, auf seinen Geschäftsbriefen bestimmte Angaben zu machen. Er muss beispielsweise die Rechtsform (GmbH, oHG, AG, etc.) sowie den Sitz (also die Anschrift des Hauptgeschäfts) seines Unternehmens, das zuständige Registergericht sowie die erteilte Registernummer und verschiedene andere Tatsachen angeben. Durch diese Informationen soll der Vertragspartner über die rechtlichen Verhältnisse des Kaufmanns aufgeklärt werden. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gelten andere Gesetze als für eine offene Handelsgesellschaft (oHG). Welche der Regelungen aber einschlägig sind, weiß der Vertragspartner erst, wenn er die entsprechende Information vom Kaufmann bekommt.
Rechnungslegungspflicht:
Jeder Kaufmann ist auch zur Buchführung verpflichtet. Die Pflicht stellt eine Selbstkontrolle dar und dient der Dokumentation und dem Gläubigerschutz. Von der Pflicht ausgenommen sind allerdings Einzelkaufleute, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 500.000,- € Umsatz und einen Jahresüberschuss unter 50.000,- € erreicht haben.
3) Besondere Vertragsbestimmungen
Für typische Verträge unter Kaufleuten, sog. „Handelsgeschäfte“, sieht das Handelsrecht Sonderregelungen vor, die von den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichen. Besonders geregelt werden der Handelskauf, das Kommissionsgeschäft, das Frachtgeschäft, das Speditionsgeschäft sowie das Lagergeschäft.
Daneben gilt im Geschäftsverkehr unter Kaufleuten auch der „Handelsbrauch“. Auf diese Gewohnheiten und Gebräuche ist im Handelsverkehr Rücksicht zu nehmen.
IV) Beendigung/ Verlust der Kaufmanns-Eigenschaft
Der Verlust der Eigenschaft, Kaufmann zu sein, hängt davon ab, wie diese Eigenschaft begründet wurde. Erfolgt sie erst durch Eintragung in das Handelsregister, erlischt sie, wenn die Eintragung gelöscht wird. Das auch dann, wenn die Löschung zu Unrecht erfolgt.
Ist die Eintragung für die Begründung nicht erforderlich (so beim „Ist-Kaufmann“ und der „Handelsgesellschaft“), entfällt die Kaufmanns-Eigenschaft nur mit Aufgabe des Geschäftsbetriebs. Weder hat die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch der Eintritt von Geschäftsunfähigkeit den Verlust der Kaufmanns-Eigenschaft zur Folge.
Unterfällt man dem für das Handelsrecht zentralen Begriff des „Kaufmanns“, hat das weitreichende Folgen. Daran orientiert sich, welche gesetzlichen Regelungen zur Anwendung kommen und welche weiteren Vorgaben im Geschäftsverkehr zu beachten sind. Ob man „Kaufmann“ im Sinne des Gesetzes ist, ist aber nicht immer leicht zu beurteilen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Sie als Kaufmann einzustufen sind, sobald sie ein Gewerbe betreiben. Denn das Gesetz stellt eine dahingehende Vermutung auf. Nur in Ausnahmefällen ist das nicht der Fall. Nämlich dann, wenn der Geschäftsbetrieb nicht nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichtet ist, weil er beispielsweise sehr klein ist. Bestimmte Kapitalgesellschaften sind unabhängig von der Art ihres Geschäftsbetriebes „Kaufmann“, während es bei Personengesellschaften darauf ankommt, ob sie ein Handelsgewerbe betreiben und deshalb „Handelsgesellschaften“ sind.
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob Sie „Kaufmann“ im Sinne des Handelsrechts sind, wird Ihnen im Zweifel aber erst Ihr Steuerberater geben können.