Am 28.05.2022 tritt das „Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ in Kraft. Dies wirkt sich insbesondere auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aus. Welche Neuerungen dies für Onlinehändler beinhaltet erfahren Sie im folgenden Beitrag.

  1. Verbot von Vermarktung scheinbar identischer Waren 

In dem Katalog der irreführenden, und damit untersagten, geschäftlichen Handlungen, welche im § 5 UWG aufgeführt werden, wird eine neue Handlung aufgenommen.

 

Irreführend ist es damit zukünftig nach § 5 (§) UWG auch wenn
„eine Ware in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf den Markt bereitgestellte Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Marke in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.“

Hier geht es insbesondere um Waren, welche mit demselben Produktnamen in verschiedenen Europäischen Ländern mit verschiedenen Rezepturen oder Zusammensetzungen verkauft werden.
So können beispielsweise bekannte Getränkesorten in einem anderen Land mit höherem Zuckergehalt verkauft werden, oder andere Lebensmittelmarken sich in unterschiedlichen Ländern in der Rezeptur unterscheiden.
Das Gesetz verbietet diese Praxis nicht, jedoch dürfen diese Produkte nicht in irreführender Weise als identische Ware vermarktet werden.

Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Waren, nicht auf Dienstleistungen.
Eine Irreführung ist ausgeschlossen, wenn die Unterschiede der Waren für den Verbraucher leicht zu erkennen sind, etwa durch entsprechende Etikettierung.

Auch können legitime und objektive Faktoren die Unterscheidung erlauben, die zugrundeliegende EU-Verordnung nennt hier Vorgaben des nationalen Rechts, (saisonale) Verfügbarkeit von Rohstoffen, freiwillige Strategien zur Verbesserung des Zugangs zu gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln und Anpassung an unterschiedliche geografische Märkte.
Auch Unterschiede in der Verbraucherpräferenz fallen hierunter.

Beispielsweise dürfte unter diesen Gesichtspunkten ein Hersteller ein Produkt mit demselben Namen und Werbeauftritt in Deutschland und Spanien vermarkten, auch wenn sich dieses in einzelnen Punkten unterscheidet.

Ob eine Irreführung vorliegt ist hierbei stets eine Einzelfallprüfung.

Dieses Verbot betrifft hauptsächlich Hersteller, auch Onlinehändler könnten jedoch dagegen verstoßen. Gefährlich sind hier insbesondere Produktbilder und -beschreibungen vom Onlineauftritt eines Herstellers, welches sich an ein anderes Land richtetn, zu übernehmen, sofern es hier zu wesentlichen Unterschieden zur selbst verkauften Produktversion kommt.

 

  1. Influencer-Marketing: Neue Kennzeichnungspflichten

 

Konkret geregelt wird zukünftig die Pflicht von Influencern, bei der Erwähnung bzw. Bewerbung von Produkten auf Social Media Kanälen auf den Erhalt von Gegenleistungen hinzuweisen.

 

Der neugeschaffene § 5a (4) UWG lautet:

„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“

 

Verboten wäre also grundsätzlich das Vorstellen eines Produktes bei beispielsweise Instagram, ohne deutlich zu machen, dass man für die Produktvorstellung ein Entgelt oder eine Gegenleistung, also etwa ein Rabatt, ein Gratisexemplar oder Provisionen vom Hersteller oder Händler zur Verfügung gestellt bekommen hat.
Im Falle einer Abmahnung ist dabei der Influencer beweispflichtig, dass es keine Gegenleistung gab.

Diese Regel betrifft in erster Linie nur Influencer selbst, Händler welche mit Influencer-Marketing arbeiten, sind jedoch angeraten, darauf zu achten, dass von Ihnen beauftragte Influencer sich an diese halten.

 

  1. Neuerung bei der Angabe der wesentlichen Informationen, welche ein Unternehmer bereitstellen muss 

Auch nach aktueller Gesetzeslage verbietet das UWG im aktuellen § 5a Irreführung, indem dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten werden, welche er nach den Umständen benötigt um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und dessen Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen die er sonst nicht getroffen hätte.

Diese Pflicht muss zukünftig nicht nur gegenüber Verbrauchern sondern auch gegenüber „sonstigen Marktteilnehmern“ erfüllt werden, etwa auch Mitbewerbern.

  1. Ausweisung des Unternehmerstatus auf Online-Marktplätzen (und Onlineauftritten) 

    Der neugeschaffene § 5b UWG verlangt zukünftig:
    „bei Waren oder Dienstleistungen, die über einen Online-Marktplatz angeboten werden, die Information, ob es sich bei dem Anbieter der Waren oder Dienstleistungen nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt.“
    bereitzustellen.

 

Ein Online-Marktplatz ist in § 2 (1) 6. des zukünftigen UWG definiert als:
„ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen“

fallen darunter nicht nur klassische Marktplätze wie Amazon Marketplace, eBay oder Yatego sondern auch ganz normale Onlineshops.
Die Unternehmereigenschaft muss hier für den Verbraucher klar erkennbar sein, insbesondere um zu wissen, ob Ihm die Verbraucherrechte wie Widerrufs- und Gewährleistungsrecht zustehen.

Es ist zu erwarten, dass Amazon, eBay, Yatego & Co die Unternehmereigenschaft der dort teilnehmenden Händlern vor dem Stichtag abfragen werden, um diese darzustellen, die Marktplätze sind jedoch nicht zu deren Überprüfung verpflichtet.

 

  1. Informationen zum Produktranking:

Es gibt darüber hinaus weitere Informationspflichten für Onlinemarktplätze wie Amazon, eBay und Yatego aber auch für Preissuchmaschinen.
Diese Betreiber müssen zukünftig Informationen bereitstellen, wodurch sich die Reihenfolge der angezeigten Produkte ergibt.

So muss zukünftig:
1. die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie

2. die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.

von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein.

Diese Pflicht gilt nur für Unternehmen, welche Produkte, also Waren oder Dienstleistungen, verschiedener Unternehmer oder Privatverkäufern anbieten, insbesondere bei Marktplätzen und Preissuchmaschinen. Für das Produktranking eines Onlinehändlers auf seiner eigenen Webseite, welcher nur eigene Produkte verkauft gilt diese Pflicht ausdrücklich nicht.

  1. Informationspflicht bei Darstellung eigener Produktbewertungen 

Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, welche von Verbrauchern im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen abgegeben weurden, so muss zukünftig ausgewiesen werden:

„ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.“

Diese Pflicht betrifft nur Onlinehändler, welche selbst eigene Produktbewerbungen auf ihrer Webseite zur Verfügung stellen, nicht bei Verlinkung auf Verbraucherbewertungen welche bei Dritten veröffentlicht werden.

Sofern ein Unternehmer also nicht prüft, ob Verbraucher die Waren selbst gekauft haben, so muss er darauf explizit hinweisen,

etwa mit einem bei den Produktbewerbungen erscheinenden Satz:
„Es erfolgt keine Prüfung auf Echtheit der Bewertungen.“

Erfolgt eine solche Prüfung, so gilt es darzustellen, wie diese Prüfung vorgenommen wird.

Beispielweise:
„Die Abgabe einer Bewertung erfolgt in unserem Kundenportal und ist nur nach Kauf des Produktes möglich“

 

  1. NEU: Schadenersatzpflicht für Verbraucher bei UWG-Verstößen

Zwar gab das UWG schon bisher Konkurrenten die Möglichkeit, Abzumahnen, zu klagen und Schadenersatz zu verlangen.
Neu eingeführt wird nun jedoch ein Schadensersatzanspruch von Verbrauchern, sofern diesen durch Verstöße des UWG geschadet wird.

Der neue § 9 (2) S.1 UWG lautet:

„Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“

 

Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 (1) Nr. 1 „jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher sich entschließt, tätig zu werden.“

Dies wird also grundsätzlich sehr weit verstanden, wichtig ist, dass der Schaden auf die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers basiert, und er diese ohne den UWG-Verstoß nicht getroffen hätte, es ist am Verbraucher nachzuweisen, dass ein Schaden entstanden ist.

Schadensersatzpflichtig ist dabei derjenige, der den UWG-Verstoß oder die Täuschung vornimmt, dies kann Hersteller, Händler oder auch eine Werbeagentur sein.

Sofern der Hersteller hier beispielsweise fehlerhafte Produktinformationen oder unzutreffende Werbeversprechen über ein Produkt tätigt, kann ein Händler, welcher ein solches Produkt verkauft, schadensersatzpflichtig sein, sofern er von den falschen Angaben wusste bzw. bei sorgfältiger Prüfung davon hätte wissen können.

  1. Neue Geldbußen

Für erhebliche Verletzungen von Verbraucherinteressen sieht der neue § 19 (1) UWG Geldbußen von bis zu 50.000€ oder sogar bis zu 4% des Jahresumsatzes eines Unternehmens vor.

Hierfür muss es sich um sogenannte „weitverbreitete Verstöße“ handeln, welche mehrere EU-Mitgliedstaaten betreffen und im Normallfall auch um erhebliche Verstöße.

  1. Änderungen an schwarzen Klauseln 

Die sogenannten schwarzen Klauseln umfassen zahlreiche Tatbestände, die grundsätzlich ein wettbewerbswidriges Verhalten konstituieren, und daher abgemahnt werden können.

Hier ergeben sich durch die Reform einige Anpassungen, die teilweise nur kosmetischer Natur sind, teilweise jedoch auch inhaltliche Änderungen vornehmen.

Die wichtigsten, Onlinehändler betreffenden Änderungen sind:

  • Neu: Verbot von verdeckter Werbung in Suchergebnissen

Eine neue schwarze Klausel betrifft vor allem Onlinemarktplätze, Suchmaschinen und Vergleichsportale, sofern diesen Verbrauchern eine Suche nach Produkten oder Dienstleistungen anbieten.

Diesen dürfen zwar grundsätzlich weiterhin für das Ranking der Suchergebnisse Zahlungen verlangen, der Umstand, dass ein Produkt nur aufgrund einer Gegenleistung höher angezeigt wird als ein anderes Produkt muss jedoch gegenüber dem Verbraucher eindeutig offengelegt werden.

  • Neu: Verbot des Weiterverkaufs von Veranstaltungseintrittskarten in bestimmten Fällen

Explizit verboten ist es zukünftig, Konzertkarten oder ähnliches weiterzuverkaufen, sofern diese vorher über automatisierte Verfahren, etwa durch Bots, abgegriffen wurden.

  • Neu: Verbotene Irreführung mit Verbraucherbewertungen

Zusätzlich zu der im Abschnitt 6. genannten Pflichten bei Produktbewertungen, ist es zukünftig verboten, zu behaupten, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von Verbrauchern stammen, welche das jeweilige Produkt oder Dienstleistung selbst erworben oder genutzt haben, sofern dieser Umstand nicht angemessen und verhältnismäßig überprüft wird.

Darüber hinaus verboten ist die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen durch Verbraucher und auch die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung.

  • Erweiterung des Verbots der unzumutbaren Belästigung bei Verbrauchern

Verboten ist zukünftig nicht nur unzumutbare Belästigung von Marktteilnehmern im Bereich der Werbung, sondern auch, bezüglich Verbrauchern, jedes hartnäckige und unerwünschte Ansprechen durch Fernabsatzmittel (insbesondere Telefon, Fax, E-Mail), es sei denn, das Verhalten wäre zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt.

 

Fazit:

Durch die UWG-Reform ergeben sich diverse Änderungen, die es ab Ende Mai zu befolgen gilt.

Wer Influencermarketing nutzt, ist gut beraten, darauf zu achten, dass die von ihm beauftragten Influencer in ihren Socialmedia-Posts auf die erhaltenen Gegenleistungen hinweisen.
Auf Marktplätzen und Preissuchmaschinen muss zukünftig explizit darauf hingewiesen werden, ob Verkäufer Unternehmer sind und das Ranking der Produkte ausweisen.
Auch Onlinehändler müssen erklären,  ob und wenn ja wie sie Produktbewertungen auf Authentizität prüfen.
Völlig neu ist, dass bald nicht nur Mitbewerber, sondern grundsätzlich auch Verbraucher eine Schadensersatzpflicht bei UWG-Verstößen haben, auch wird es zukünftig neue Bußgeldtatsbestände geben. Auch im Bereich der sog. Schwarzen Klauseln, also Tatbestände, die grundsätzlich ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen, gibt es einige Anpassungen und neue Klauseln.

 

Wichtig:
Die Rechtstexte, welche wir unseren Kunden zur Verfügung stellen,  werden durch die Reform nicht berührt.