Ein deutscher Wein darf bei Einhaltung einer besonderen Qualität mit den französischen Begriffen „Réserve/Grande Réserve“ oder der deutschen Angabe „Privat-Reserve“ bezeich­net und in den Verkehr gebracht werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz.

 

Ein Winzer aus der Pfalz möchte seine Weine mit den genannten Begriffen oder dem weite­ren deutschen Begriff „Reserve“ kennzeichnen. Bei der Herstellung der Weine legt er einen hauseigenen Qualitätsstandard zugrunde, der u.a. eine Ertragsbegrenzung, ein hohes Most­gewicht und eine mehrjährige Lagerdauer der Weine umfasst. Das beklagte Land hält die Bezeichnungen für unzulässig. Die Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Die Gerichte sahen in der Verwendung der vorgesehenen Begriffe eine Nachahmung der in Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und Österreich europarechtlich geschützten Bezeichnungen „Reserva“, „Riserva“ und „Reserve“.

Nach Anrufung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung europäischer Weinvorschrif­ten wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Klägers hinsichtlich der deutschen Bezeichnung „Reserve“ wegen des Schutzes dieses Begriffs zugunsten von Österreich zurück; der Rechtsstreit im Übrigen wurde zur erneuten Entscheidung an das Oberverwal­tungsgericht zurückverwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, vor Nachahmung geschützt seien die europarechtlichen Bezeichnungen zunächst nur in ihrer jeweiligen Lan­dessprache. Darüber hinaus greife das Nachahmungsverbot etwa im Fall von Übersetzun­gen dieser Begriffe nur, wenn Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr bestehe. Die Gefahr einer Verwechslung eines unter französischer Bezeichnung in den Verkehr gebrachten deut­schen Weines mit den geschützten Weinen scheide aus. Eine Assoziierung ergebe sich allenfalls zu einem französischen „Réserve“, der jedoch nicht unter europarechtlichem Schutz stehe. Zu prüfen habe das Oberverwaltungsgericht allerdings noch die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher durch die französischen Begriffe „Réserve/Grande Réserve“ und den deutschen Begriff „Privat-Reserve“. Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage auf Ver­wendung der drei Begriffe für den Wein des Klägers nunmehr stattgegeben.

Die Gefahr einer Irreführung des durchschnittlich informierten Verbrauchers (nicht des Wein­kenners) durch die Verwendung der französischen und deutschen Bezeichnungen bestehe nicht. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob und welche Erwartung im Einzelnen der Verbraucher mit den in den fünf Ländern geschützten Weinen und einem französischen „Réserve/Grande Réserve“ im Einzelnen verbinde. Angesichts der unterschiedlichen Quali­tätsanforderungen in den Ländern handele es sich allenfalls um eine allgemeine Erwartung einer besonderen Qualität. Übertrage der Verbraucher diese auf den deutschen Wein des Klägers, so könne sein Vertrauen jedenfalls nicht enttäuscht werden. Der Wein des Klägers genüge nämlich einem selbst gesetzten, gehobenen Qualitätsniveau (Ertragsbegrenzung auf 50 hl/ha bei „Réserve“ bzw. 30 hl/ha bei „Grande Réserve“; Mostgewicht mindesten von einer Spätlese; Lagerdauer von 3 bzw. 5 Jahren), das nicht hinter dem der ausländischen Weine zurückstehe.

Urteil vom 22. Oktober 2008, Aktenzeichen: 8 A 10809/08.OVG

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz