Das LG Hamburg hat die Weiterempfehlungsfunktion von ebay als wettbewerbswidrig eingestuft. Wer seine Waren auf dem Online-Marktplatz anbietet, riskiert derzeit Abmahnungen. Ob sich die Ansicht der Hamburger Richter jedoch durchsetzt, ist zweifelhaft.
Mit Urteil vom 08.12.2015 hat das Landgericht (LG) Hamburg die Weiterempfehlungsfunktion, wie sie auf ebay automatisch in jedes Angebot eingefügt wird, als wettbewerbswidrig eingestuft und den beklagten ebay-Händler zur Unterlassung und Zahlung der beim Gegner angefallenen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt (AZ: 406 HKO 26/15). Dem Prozess war – wie so oft – eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung vorausgegangen.
Muss der Warenvertrieb über ebay eingestellt werden?
Da die streitgegenständliche Weiterempfehlungsfunktion automatisch in alle ebay-Angebote eingebunden wird und auch vom Verkäufer nicht entfernt werden kann, hätte das Urteil zur Folge, dass sämtliche Marketplace-Händler entweder den Vertrieb über den Marktplatz einstellen oder Abmahnungen riskieren müssen.
Einziger Lichtblick ist, dass das Urteil von Fachleuten kritisiert wird, weil es nicht auf die konkrete Funktionsweise der ebay-Weiterempfehlung eingeht. Es besteht also die Chance, dass andere Gerichte abweichende Entscheidungen fällen werden.
Hintergrund: „Tell-a-Friend“-Entscheidung des BGH
Hintergrund der Entscheidung aus Hamburg ist das „Tell-a-Friend“-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.09.2013, AZ: I ZR 208/12). Auf diese grundlegende Entscheidung aus Karlsruhe hatten sich bereits die Instanzengerichte bezogen, als sie die Empfehlungsfunktion von Amazon als rechtswidrig eingestuft haben (zuletzt das OLG Hamm, Urt. v. 09.07.2015; AZ: 4 U 59/15). Auch das LG Hamburg folgt der Argumentation, jedoch ohne die konkrete Funktionsweise der ebay-Empfehlung näher zu beleuchten. Diese unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der Weiterempfehlungsfunktion, die vom BGH für wettbewerbswidrig erklärt wurde.
Ebay-Händler haftet für Wettbewerbsverstöße des Plattformbetreibers
Die Hamburger Richter bejahten zunächst die Verantwortlichkeit des ebay-Händlers für Wettbewerbsverstöße des Plattformbetreibers – was mittlerweile als ständige Rechtsprechung angesehen werden kann – und entließen ihn auch nicht aus der Haftung, weil die E-Mail über die Empfehlungsfunktion nicht vom Unternehmer selbst, sondern von einem Dritten an den Empfänger versendet wird. Entscheidend sei allein, dass der E-Mail-Versand auf Veranlassung des Gewerbetreibenden erfolgt und die Empfehlung Werbung für dessen Produkte enthält.
Weiterempfehlungsfunktion von ebay – „mailto“?
Bei der Empfehlungsfunktion von ebay handelt es sich jedoch eher um eine Mail-to-Option. Denn klickt der Nutzer auf den Button der ebay-Weiterempfehlungsfunktion, öffnet sich sein eigener E-Mail-Account. In der E-Mail-Vorlage, die dann erscheint, sind Betreff und Inhalt vorformuliert, können jedoch bearbeitet werden. Im Betreff wird der Marktplatz, nicht jedoch der Händler selbst genannt. Erst im eigentlichen Inhalt befindet sich ein Link auf das Produkt des ebay-Händlers, das empfohlen werden soll.
Die E-Mail wird über den Mail-Account des Empfehlenden versendet, nicht über das System des Marktplatzbetreibers. Als Absender erscheint dementsprechend derjenige, der den Artikel auf ebay gesehen hat und seinen „Freunden“ empfehlen will, nicht der ebay-Verkäufer.
Ist auch Laienwerbung wettbewerbswidrig?
Das gleiche Ergebnis würde erzielt werden, wenn der Empfehlende selbstständig seinen E-Mail-Account öffnen, einen Betreff und Inhalt formulieren und die Erreichbarkeit des Produktes einfügen würde, sprich den Link darauf aus der Adresszeile seines Internet-Browsers kopiert und in den E-Mail-Text einfügt. Die anschließend versandte E-Mail enthält ebenfalls Werbung für den ebay-Händler, ohne dass dieser als Absender erscheint. Müsste der ebay-Händler dann aber auch für diese Empfehlung haften?
Konsequenz: Ebay-Angebote sind derzeit wettbewerbswidrig
Ebay hatte auf die Tell-a-Friend-Entscheidung aus Karlsruhe – im Gegensatz zu anderen Online-Marktplätzen – reagiert und versucht, eine rechtskonforme Lösung zu finden. Diese wurde von Fachleuten als ausreichend eingestuft. Das LG Hamburg ist dem jedoch nicht gefolgt, sondern verpflichtet ebay-Händler mit seinem Urteil faktisch, den Vertrieb über den Marktplatz einzustellen. Denn die Funktion kann von den einzelnen Händlern nicht deaktiviert werden. Angebote, die die Empfehlungsfunktion beinhalten, sind jedoch – zumindest nach Ansicht der Hamburger Richter – wettbewerbswidrig.
Fazit
Die Entscheidung aus Hamburg ist rechtskräftig und hat mithin Bestand. Es bleibt zu hoffen, dass sich andere Gerichte mit der Funktionsweise der ebay-Empfehlungen konkret auseinandersetzen, bevor sie ein Urteil zur Wettbewerbswidrigkeit fällen. Bis dahin müsste ebay seine Weiterempfehlungsfunktion entweder erneut anpassen oder diese deaktivieren, wenn es seine Händler vor Abmahnungen schützen will.
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