Wie der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden hat (Urteil vom 15. Mai 2024 – VIII ZR 226/22), steht einem Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zu, wenn er bei einem Schweizer Onlineshop bestellt, ohne dort über eine Widerrufsbelehrung informiert worden zu sein.
Näheres zum Sachverhalt und zu den Konsequenzen entnehmen Sie bitte dem folgenden Artikel

Im zugrundeliegenden Fall bot ein Schweizer Unternehmen an, Teakbäume auf Plantagen in Costa Rica zu erwerben, um später durch den Verkauf des Holzes der Bäume einen Gewinn zu erzielen.
Darüber hinaus sollte sich das Unternehmen während der Vertragslaufzeit um die Bewirtschaftung, Verwaltung, Aufforstung, Abholzung, Ernte und den Verkauf kümmern.
Der in Deutschland wohnhafte Kläger schloss über das Internet in den Jahren 2010 und 2013 jeweils einen „Kauf- und Dienstleistungsvertrag“ über 800 bzw. 600 Teakbäume zum Preis von 37.200 € bzw. 44.000 € mit einer Laufzeit von 17 bzw. 14 Jahren ab.

Die Rechtstexte des Onlineshops legten den Verträgen Schweizer Recht zugrunde, Gerichtsstand war der Sitz des Schweizer Unternehmens, über etwaige Widerrufsrechte wurde der Käufer nicht belehrt. Im August 2020 verlangte der Kläger mit seiner Klage vor dem Landgericht Köln die Rückzahlung der Beträge abzüglich der bereits vereinnahmten Erlöse aus dem Holzverkauf, da er die Verträge widerrufen würde.
Mit seiner Klage hatte er sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht Köln überwiegend Erfolg, und auch die Revision des Schweizer Unternehmens vor dem Bundesgerichtshof scheiterte.

 

Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus dem Übereinkommen Lugano II, da der Kläger als Verbraucher gehandelt hat und die Beklagte ihre gewerbliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet hat, so dass die in den AGB des Schweizer Online-Shops getroffene Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam ist.
Ob die in den AGB des Schweizer Onlineshops getroffene Rechtswahlklausel, die Schweizer Recht vorsieht, wirksam ist, mussten die Richter nicht entscheiden,
da das Übereinkommen von Rom I das Günstigkeitsprinzip vorsieht, wonach der Verbraucher sich auf das für ihn günstigere Recht berufen kann.

 

Dem Kläger steht daher ein Widerrufsrecht zu.
Die Ausnahme des § 312 d Abs. 4 Nr. 6 BGB aF sah der erkennende Senat nicht als einschlägig an.
Diese Ausnahme vom Widerrufsrecht findet sich in ähnlicher Form nun in § 312 g Abs. 1 Nr. 8 BGB und schließt das Widerrufsrecht aus bei Verträgen über […] Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Im vorliegenden Fall handele es sich aber gerade um eine langfristige Geldanlage mit nur mittelbar spekulativem Charakter, wobei die Preisschwankungen innerhalb der regulären Widerrufsfrist von 14 Tagen eintreten müssten, um relevant zu sein.

Wie die Richter entschieden, hatte der Kläger sein Widerrufsrecht auch wirksam ausgeübt, die Widerrufsfrist war zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen, da der Kläger von der Beklagten nicht ordnungsgemäß belehrt worden war.

Fazit

 

Wie der BGH entschieden hat, steht einem deutschen Verbraucher, der bei einem Schweizer Onlineshop bestellt, welcher sich (auch) an deutsche Verbraucher richtet, grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Schweizer Onlineshops, welche sich auch an deutsche Verbraucher richten, ist daher zu raten, für diese eine gültige Widerrufsbelehrung vorzuhalten, da sie ansonsten nicht ausreichend belehren mit der Folge, dass die Widerrufsfrist nicht ordnungsgemäß beginnt.
Selbstverständlich stellen die Rechtstexte von Protected Shops auch für Schweizer Online-Händler eine solche Widerrufsbelehrung zur Verfügung.