Ab dem 30.12.2024 gilt eine neue EU-Verordnung (EU-Verordnung 2023/111), die den Import, Export und Handel mit Rohstoffen und Produkten aus Waldschädigung verbietet. Daraus ergibt sich ein neues Pflichtenprogramm aus Sorgfalts-, Dokumentations- und Prüfpflichten mit gewissen Privilegien für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Wir fassen für Sie zusammen, was Sie als Online-Händler und/oder Importeur/Exporteur zu beachten haben.

I. Inhalt der Verordnung

Die Verordnung verpflichtet
– Wirtschaftsakteure (natürliche und juristische Personen), die relevante Produkte gewerblich in der EU verkaufen oder aus der EU exportieren, und
– Händler, die diese Erzeugnisse in der Lieferkette bereitstellen.

Relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, dürfen in der EU nur in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, wenn sie
– nicht zur Entwaldung oder Waldschädigung beitragen, d. h. auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet werden,
– legal erzeugt wurden, d.h. im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes,
– für die eine Sorgfaltserklärung vorliegt.

Dabei gelten die Rohstoffe oder Produkte nur dann als entwaldungsfrei, wenn sie
sie Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert wurden oder unter Verwendung von Rohstoffen hergestellt wurden, die auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und

– sie Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden, das nach dem 31. Dezember 2020 ohne Waldschädigung aus dem Wald entnommen wurde.

Für KMU und Kleinstunternehmen gelten teilweise eingeschränkte Verpflichtungen und längere Umsetzungsfristen.

Stichtag

Für Marktteilnehmer (Achtung: NICHT Händler!), die zum 31.12.2020 Kleinst- oder Kleinunternehmen sind, ist der Stichtag der 30.06.2025.
Wenn Sie Marktteilnehmer sind und zum 31.12.2020 zwei der folgenden drei Voraussetzungen erfüllen, fallen Sie unter diese Privilegierung:
– Bilanzsumme unter 4 000 000 EUR
– Nettoumsatzerlöse unter 8 000 000 EUR
– Durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten während des Geschäftsjahres unter 50

Ausgenommen von dieser Privilegierung sind Holz und Holzprodukte. Hier gilt für alle Marktteilnehmer der 30.12.2024 als Stichtag.

II. Produkte

Die Verordnung gilt für folgende landwirtschaftlich erzeugte Rohstoffe
o Rinder
o Kakao
o Kaffee
o Ölpalmen
o Kautschuk
o Soja
o Holz

Darüber hinaus gilt sie auch für Produkte, d.h. Erzeugnisse, die die genannten Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden. Die Auflistung der einzelnen Produkte kann der Tabelle in Anhang I der Verordnung entnommen werden (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1115).

III. Wer ist verpflichtet?

Die Verordnung verpflichtet Marktteilnehmer und Händler.

1. Marktteilnehmer

Als Wirtschaftsakteur gilt jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Produkte in Verkehr bringt oder ausführt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um EU-Importeure von Endprodukten, Hersteller von Endprodukten oder Exporteure.

2. Händler

Händler sind alle Personen in der Lieferkette (ausgenommen Marktbeteiligte!), die relevante Erzeugnisse gewerblich entgeltlich oder unentgeltlich zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt abgeben.

3. Privilegierung von Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

Die Verordnung sieht vor, dass Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen in ihren Pflichten teilweise privilegiert sind.
Unter die KMU-Definition fallen Sie, wenn Sie am letzten Tag des Geschäftsjahres mindestens zwei der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
– Bilanzsumme unter 20.000.000
– Nettoumsatzerlöse unter 40.000.000 Euro
– Durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten im Geschäftsjahr unter 250

IV. Pflichten der Marktteilnehmer

1. Sorgfaltspflicht

Vor dem Inverkehrbringen relevanter Produkte haben die Marktteilnehmer eine dreistufige Sorgfaltspflicht zu erfüllen:
– Einholung von Informationen
– Maßnahmen zur Risikobewertung
– Maßnahmen zur Risikominderung

Für KMU-Marktteilnehmer gilt folgende Privilegierung:
Sofern bereits eine Sorgfaltspflichterklärung vorliegt, muss die dreistufige Sorgfaltspflicht nicht erfüllt werden. In diesem Fall ist jedoch die Referenznummer der Sorgfaltserklärung bereitzuhalten und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.

Für Produkte, für die noch keine Sorgfaltserklärung vorliegt, müssen folgende Pflichten erfüllt werden, sofern die Produkte nicht aus sicheren Herkunftsländern stammen:

a. Informationsbeschaffung

Folgende Informationen, Unterlagen und Daten (mit Belegen) sind zu beschaffen und 5 Jahre nach dem Inverkehrbringen aufzubewahren:

aa. eine Beschreibung, einschließlich der Handelsbezeichnung und der Art des relevanten Erzeugnisses und – bei relevanten Erzeugnissen, die Holz enthalten oder aus Holz hergestellt wurden – der Trivialbezeichnung der Art und der vollständigen wissenschaftlichen Bezeichnung. Die Beschreibung des Erzeugnisses enthält eine Liste der relevanten Rohstoffe und der relevanten Erzeugnisse, die in dem Erzeugnis enthalten sind oder zu seiner Herstellung verwendet wurden
bb. die Menge der betreffenden Erzeugnisse (die Menge ist in Kilogramm Reingewicht und gegebenenfalls in der für das Erzeugnis vorgesehenen besonderen Maßeinheit anzugeben; in allen anderen Fällen ist die Menge in Reingewicht oder gegebenenfalls in Volumen oder Stückzahl anzugeben)
cc. das Erzeugerland und gegebenenfalls seine Regionen
dd. die geografische Lage aller Parzellen, auf denen die relevanten Ausgangsstoffe, die das betreffende Erzeugnis enthält oder aus denen es gewonnen wurde, angebaut wurden, sowie das Datum oder der Zeitraum der Erzeugung
ee. Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen oder Personen, von denen der Unternehmer die relevanten Erzeugnisse bezogen hat
ff. Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen, Unternehmer oder Händler, an die die relevanten Erzeugnisse geliefert wurden
gg. hinreichend schlüssige und nachprüfbare Informationen darüber, dass die betreffenden Produkte nicht aus Entwaldung stammen
hh. hinreichend schlüssige und nachprüfbare Informationen darüber, dass die Erzeugung der relevanten Rohstoffe im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgte, einschließlich etwaiger Vereinbarungen, die das Recht zur Nutzung des betreffenden Gebiets für die Erzeugung der relevanten Rohstoffe begründen.

b. Risikobewertung

Auf der Grundlage der gesammelten Informationen müssen Sie eine Risikobewertung (mit Nachweis) durchführen, um festzustellen, ob ein Risiko besteht, dass die relevanten Produkte, die Sie in Verkehr bringen oder ausführen möchten, nicht konform sind.
Dabei sind die in Artikel 10 der Verordnung aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem die Zuordnung des Risikos zu dem betreffenden Erzeugerland oder einem Teil davon, das Vorhandensein von Wäldern in dem Erzeugerland oder einem Teil davon, das Vorhandensein indigener Völker in dem Erzeugerland oder einem Teil davon, das Ausmaß der Entwaldung oder Waldschädigung in dem Erzeugerland oder einem Teil davon und vieles mehr.
Diese Risikobewertung muss dokumentiert und mindestens einmal jährlich auf ihre Aktualität hin überprüft werden.

c. Risikominderung

Ergibt die Risikobewertung, dass ein Risiko der Nichtkonformität der betreffenden Produkte besteht, sind weitere Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen, die sich aus Artikel 11 der Richtlinie ergeben. Dazu gehören unter anderem die Anforderung zusätzlicher Informationen, Daten oder Unterlagen und die Durchführung unabhängiger Untersuchungen oder Audits.
Die Maßnahmen sind zu dokumentieren, mindestens einmal jährlich zu überprüfen und den zuständigen Behörden auf Anfrage von den Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen.

2. Sorgfaltspflichterklärung

Schließlich hat der Marktteilnehmer auf Basis der zuvor beschriebenen Pflichten eine Sorgfaltspflichterklärung zu erstellen und über die elektronische Schnittstelle zu übermitteln.
Hierbei ist zu beachten, dass bei Vorliegen eines relevanten Risikos der Nichtkonformität ein Verkehrsverbot besteht und zu beachten ist.

3. Mitteilungspflichten

Die Marktteilnehmer müssen den nachgelagerten Abnehmern von sich aus alle Informationen zum Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zur Verfügung stellen, insbesondere sind die Referenznummern der entsprechenden Sorgfaltserklärungen mitzuteilen.

4. Nachgelagerte Produkte

KMU-Marktteilnehmer sind von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten für Folgeerzeugnisse, d.h. relevante Erzeugnisse, die in relevanten Erzeugnissen enthalten sind oder aus denen relevante Erzeugnisse hergestellt werden, befreit, wenn für die Ausgangserzeugnisse bereits eine Sorgfaltserklärung übermittelt wurde. Eine erneute Sorgfaltserklärung ist dann nicht erforderlich.
Für Bestandteile von relevanten Erzeugnissen, für die noch keine Sorgfaltserklärung abgegeben wurde, ist die Sorgfaltspflicht auch von KMU-Marktteilnehmern zu erfüllen.

V. Pflichten von KMU-Händlern

Während Nicht-KMU-Händler die gleichen Pflichten wie Marktteilnehmer haben, sind KMU-Händler (hier gelten die Voraussetzungen für KMU wie für Marktteilnehmer)
in ihren Pflichten ebenfalls privilegiert.

Sie müssen die folgenden Informationen sammeln, speichern und für einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Zeitpunkt des Angebots aufbewahren:
– Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke, Postanschrift, E-Mail-Adresse und, sofern vorhanden, Internetadresse des Marktteilnehmers oder Händlers, von dem Sie die betreffenden Produkte bezogen haben
– Referenznummern der Sorgfaltspflichterklärungen zu diesen Produkten
– Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke, Postanschrift, E-Mail-Adresse und, falls vorhanden, Internetadresse der Marktteilnehmer oder Händler, an die Sie die betreffenden Erzeugnisse geliefert haben.

Darüber hinaus sind Sie verpflichtet, die zuständigen Behörden zu informieren, wenn Sie den begründeten Verdacht haben, dass ein von Ihnen in Verkehr gebrachtes Produkt nicht den Anforderungen entspricht, und gegebenenfalls Kontrollen zu dulden.

Fazit:

Händler, welche mit Rohstoffen wie Holz, Kaffee, Kautschuk, Kakao, Soja oder Rindern handeln ist dringend anzuraten, sich mit der neuen Verordnung über entwaldungsfreie Landwirtschaftsprodukte zu befassen.
Insbesondere beim Verkauf von Holzprodukten muss ab 30.12.2024 eine Reihe von Informationen gesammelt, gespeichert und aufbewahrt werden.