Nach der Kaufrechtsreform, welche seit 01.01.2022 in Kraft getreten ist, steht eine weitere gesetzliche Reform an.

Diese beinhaltet insbesondere Änderungen am Widerrufsrecht und tritt zum 28.05.2022 in Kraft.
Welche Änderungen hier auf Onlinehändler zukommen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Hintergrund:

Die EU ist schon seit längerem damit beschäftigt das Verbraucherrecht zu reformieren.
Hierzu wurde die Richtlinie 2019/2161 verabschiedet, die „Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften”, auch Modernisierungsrichtlinie genannt.

Wie alle Richtlinien müssen deren Vorgaben durch die Mitgliedsstaaten in ein nationales Gesetz veröffentlicht werden, in Deutschland passierte dies zum 10.08.2021 mit dem „Gesetz zur […] Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union […]“
Dessen Regelungen werden zum 28.05.2022 aktiv.

Die Änderungen:

 

  1. Widerrufsrecht
  2. Wertersatz
  3. Neue Informationspflichten

1. Widerufsrecht: Pflichtangabe der Telefonnummer, Wegfall der Faxnummer in der Widerrufsbelehrung:

Bisher galt laut den Gestaltungshinweisen zur Widerrufsbelehrung in der europäischen Verbraucherrechterichtlinie, das die Angabe von Telefonnummer & Faxnummer nur notwendig sei, sofern eine solche verfügbar ist.

Dies ändert sich nun, zum 28.05.2022 ist die Angabe einer Telefonnummer eine Pflichtangabe.

Dagegen entfällt die Pflicht, sofern vorhanden, eine Faxnummer anzugeben bzw. Widerrufe auch per Fax anzunehmen.

Die Praxisrelevanz dieser Änderung ist eher gering einzustufen, da schon jetzt meist eine Telefonnummer angeben wird und die Faxnummer eher selten aktiv für den Widerruf genutzt wird.
Es spricht grundsätzlich auch nichts dagegen die Faxnummer weiter anzugeben.

  1. Bei Dienstleistungen und digitalen Inhalten

Bei Dienstleistungsverträgen und Verträgen über digitale Inhalte (ebooks, Software, Filmstreaming, etc.) gilt, dass das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen vorzeitig erlischt.
Diese Gründe werden etwas neugestaltet.
Unterschieden wird zukünftig, ob es sich um einen kostenpflichtigen Vertrag handelt oder um einen, welcher den Verbraucher nicht zur Zahlung verpflichtet.

Bei einem für den Verbraucher kostenlosen Vertrag gilt:

  • Bei einer Dienstleistung erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat.
  • Bei digitalen Waren, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat.

Bei kostenpflichtigen Verträgen gilt:

  • Bei einer Dienstleistung, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und der Verbraucher vor Beginn der Erbringung ausdrücklich zugestimmt hat, dass die Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden soll und sein Widerrufsrecht durch vollständige Vertragserfüllung vollständig erlischt, und ihm die Zustimmung auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt wurde.
  • Bei digitalen Waren ist ebenfalls die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu vorzeitiger Erbringung unter Kenntnisnahme des dadurch erlöschenden Widerrufsrechts sowie das zur Verfügung stellen der Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger von Nöten.

Damit gibt es für Verträge, welche den Verbraucher nicht zur Zahlung verpflichten mit der neuen Regelung eine deutliche Erleichterung, da der Verbraucher hier nicht mehr explizit in das vorzeitige Erlöschen einwilligen muss.

Für kostenpflichtige Verträge ergibt sich dagegen zukünftig die Pflicht, die Zustimmung des Verbrauchers dazu, dass er einwilligt, die Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist unter Erlöschen des Widerrufsrechts beginnen zu lassen, auf einem dauerhaften Datenträger zuzusenden.

Als dauerhafter Datenträger gilt hier eine PDF- oder E-Mail. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dies dem Verbraucher per E-Mail als Text oder PDF-Anhang zuzusenden.

 

  1. Änderungen am Wertersatz

Der Wertersatz bekommt zukünftig einen eigenen Paragraphen.

Bezüglich des Wertersatzes beim Verkauf von Waren ändert sich hier nichts.

Wie bisher hat der Verbraucher Wertersatz zu leisten, sofern er ausreichend über sein Widerrufsrecht unterrichtet wurde, und der Wertersatz auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, die über einer reinen Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware hinausgeht.

Bei Dienstleistungen ergibt sich die Pflicht zum Wertersatz nur,

wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, er ausdrücklich verlangt hatte, dass mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werde und er dieses Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt bekommen hat.
Neu geregelt ist, dass ein Wertersatz bei Dienstleistungen nur für zahlungspflichtige Verträge in Frage kommt.
Wie schon bisher ist bei digitalen Waren kein Wertersatz vorgesehen.

 

  1. Neue Informationspflichten

Durch die Reform gibt es neue Informationspflichten für Onlinehändler

a) Bei personalisierten Preisen

Sofern Preise auf Grundlage einer automatischen Entscheidungsfindung personalisiert werden, so muss hierauf hingewiesen werden.

Aktuell arbeiten manche Unternehmen mit Algorithmen, die Verbrauchern unterschiedliche Preise anzeigen, je nachdem aus welcher Gegend, zu welcher Uhrzeit oder mit welchem Endgerät diese auf der Webseite surfen, oder auch von welcher Webseite diese auf die Unternehmensseite gelangten.

Dieses Vorgehen bleibt zwar grundsätzlich weiter legal, der Verbraucher muss jedoch klar und verständlich vor Abschluss des Vertrages darüber hingewiesen werden, dass der Preis auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert wurde.

b) Änderung bei Kontaktinformation

 

Auch bei der Kontaktinformationen, welche im Impressum angeboten werden, wird die Angabe einer Telefonnummer verpflichtend, während die Angabe einer Faxnummer nun optional ist.

 

c) Neue Messengerdienste
Sofern Messengerdienste wie Whatsapp vom Unternehmen eingesetzt werden, müssen die Informationspflichten zukünftig auch darüber erfüllt werden.

Fazit:

Durch die Neuerungen betroffen sind Onlinehändler hauptsächlich, so diese digitale Inhalte oder Dienstleistungen verkaufen.
Sofern diese dort davon profitieren wollen dass dort das Widerrufsrecht vorzeitig erlischt, müssen sie nicht nur wie schon bisher den Verbraucher dazu auffordern, darin einzuwilligen, dass ihm der digitale Inhalt oder die Dienstleistung schon vor Ablauf der Widerrufsfrist bereitgestellt wird, und ihm bewusst ist dass der Widerruf dadurch vorzeitig erlischt.
Hierdurch wird es auch zu einer Änderung der Widerrufsbelehrung für digitale Inhalte geben, betreffende Händler werden von uns noch eigens informiert.

Zusätzlich müssen sie dem Verbraucher nun diese Einwilligung auf einem dauerhaften Datenträger, am besten per E-Mail, zukommen lassen.

Ebenfalls betroffen sind Händler, welche Verbrauchern unterschiedliche Preise z.B. je nach Uhrzeit oder von welchem Endgerät diese kommen anzeigen. Diese müssen zukünftig Verbraucher informieren, dass diesem ein personalisierter Preis auf Grund einer automatisierten Entscheidungsfindung angezeigt wird.

 

Beim Einsatz von Whatsapp oder ähnlichen Messengerdiensten gilt, dass über diese die Informationspflichten auch zu erfüllen sind.