Am 13.6.2014 wurde im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) ein neues Muster der Widerrufsbelehrung vom Gesetzgeber vorformuliert. Die Nutzung ist im Vergleich zum alten Mustertext allerdings deutlich komplizierter geworden. Nur in seltenen Fällen können Händler es in der vorgesehenen Form verwenden. Vielfach muss es inhaltlich abgeändert werden. Welche Auswirkungen Abweichungen von der gesetzlichen Vorlage haben, muss erst noch gerichtlich geklärt werden. Für das alte Muster liegt nun eine Entscheidung des LG Heidelberg vor, die vielleicht eine erste Orientierung bietet.

 

Der Sachverhalt

Das Landgericht (LG) Heidelberg hat mit Urteil vom 13.1.2015 (AZ: 2 O 230/14) entschieden, dass Änderungen des gesetzlichen Musters zulässig sind, wenn sie inhaltlich belanglos sind. Betroffen war die Widerrufsbelehrung einer Versicherung, die Verbraucherdarlehen anbietet. Das Unternehmen hatte das (alte) gesetzliche Muster dahingehend abgeändert, als es hinter die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ eine hochgestellte „1“, also eine Fußnote setzte, die sie am Ende des Texte, also hinter der Formulierung „Ende der Widerrufsbelehrung“, konkretisierte („Nicht für Fernabsatzgeschäfte“). Daneben war die im gesetzlichen Muster ausgewiesene Wendung „uns“ durch „S.- Versicherung“, also den Unternehmensnamen ersetzt worden.

Die Entscheidung

Die Richter stuften diese Änderungen als unbedenklich ein, da es sich um inhaltlich belanglose Abweichungen von der gesetzlichen Vorlage handelt. Der Belehrungstext genüge immer noch den gesetzlichen Vorgaben (die bis zum 12.6.2014 galten).

Übertragbarkeit auf das seit dem 13.6.2014 geltende Recht?

Ob das Urteil auch für Online-Händler relevant ist, ist zweifelhaft. Zum einen bezieht sich die Entscheidung auf den Fall einer Versicherung, für die der Gesetzgeber ein eigenes Muster vorsieht. Zum anderen galt der Belehrungstext explizit nicht für den Fernabsatz. Für Shop-Betreiber, die das aktuelle gesetzliche Muster inhaltlich abändern müssen, besteht also weiterhin die Gefahr von Abmahnungen. Denn die Entscheidung betrifft einen völlig andern Vertriebsweg und Produktbereich. Hinzu kommt, dass aus dem Urteil nicht hervorgeht, ob das Gericht die bereitgestellte Widerrufsbelehrung inhaltlich überprüft hat oder von der Gesetzeskonformität ausgegangen ist, da die Änderungen belanglos waren.

Konformitätsvermutung schließt gerichtliche Überprüfung aus

Die alte wie die neue Muster-Widerrufsbelehrung unterlag bzw. unterliegt einer Konformitätsvermutung. Wird das Muster also entsprechend der Gestaltungshinweise ausgefüllt und ansonsten inhaltlich unverändert übernommen, darf es von Gerichten nicht überprüft werden. Denn es gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Muster-Widerrufsbelehrung den rechtlichen Anforderungen entspricht. Erst wenn der Händler vom Mustertext abweicht, dürfen Richter die verwendete Belehrung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen. Welche Änderungen aber erfolgen müssen, um die Konformitätsvermutung außer Kraft zusetzen, bleibt auch nach dem Urteil des LG Heidelberg ungeklärt.

Fazit

Trotz der vorliegenden Entscheidung bleibt unklar, welche Konsequenzen Abweichungen vom aktuellen gesetzlichen Mustertext haben. Händler, die die Muster-Widerrufsbelehrung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form verwenden können, etwa weil sie sowohl sog. „paket-“ aber auch „nicht-paketversandfähige Waren“ (also Speditionsgüter) anbieten, und die Vorlage daher inhaltlich abändern, müssen auch weiterhin mit Abmahnungen rechnen.